[Index] [runter] [vorher] weiter





11 WINDOWS-NT UND COMPUTERVIREN

Im Virusbulletin vom März 1995 findet sich ein Artikel von Ian Whalley zur Thematik "Viren und Windows-NT". Da dies bisher die einzige, mir bekannte, Veröffentlichung zu diesem Thema ist, und Windows-NT zunehmend im kommerziellen Umfeld eingesetzt wird, habe ich beschlossen, hier eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse zu veröffentlichen.
Wenn ein PC bootet, ist der Bootvorgang unabhängig davon, welches Betriebssystem geladen wird (die Hardware hat ja auch keinerlei Ahnung davon, welches Betriebssystem auf der Festplatte vorhanden ist). Bootet man einen PC von einer infizierten Diskette, wird dieser Virus immer versuchen die Festplatte zu infizieren (nur hat dieser Virus auch keine Ahnung davon, welches Betriebssystem auf der Festplatte ist).
Wenn NT auf einem PC von DOS aus installiert wird (z.B. in dem die Maschine von einer DOS-Diskette gebootet wird und dann von CD aus die NT-Installation gestartet wird), wird die Maschine "dual bootable", d.h. es kann wahlweise DOS oder NT gebootet werden.
Während der Installation kopiert NT den Bootsektor (1. logischer Sektor der aktiven Partition), der eine Kopie von DOS enthält, und speichert ihn in der Datei "BOOTSECT.DOS" des Rootverzeichnisses.

HINWEIS: Ist der PC vorher schon mit einem BS-Infektor verseucht, z.B. dem FORM Virus, so wird der FORM Virus während der Installation ebenfalls in dieser Datei "BOOTSECT.DOS" gesichert und bei jedem DOS-Start wieder aktiviert !

Infiziert man eine saubere NT-Maschine mit dem FORM-Virus, wird,wie erwartet der BS durch den FORM-Virus ersetzt und der originale BS an das physische Ende der Festplatte kopiert. Allerdings kann es passieren, das eine auf diese Weise infizierte Maschine plötzlich nicht mehr bootet. Der gerettete Original-BS des Systems kann durch das Paging des NT-Systems überschrieben werden und beim nächsten Bootvorgang wird dann kein gültiger BS mehr gefunden und das System steht.

HINWEIS: In diesem Fall kann das System gerettet werden, in dem man von der SETUP Diskette von NT bootet und dann die Option "repair a damaged installation" anwählt. Dabei sollte aber lediglich die Unteroption "examine boot sector" aktiviert sein, sprich alle anderen Unteroptionen sollten ausgeschaltet werden. Um einen BS-Infektor los zu werden, benötigt man unter NT also keinen Virenkiller, die SETUP-Diskette ist ausreichend (analog zum SYS-Befehl unter DOS).

Während also BS-Viren relativ einfach zu bekämpfen sind, können MBR-Viren zum totalen Ausfall eines NT-Servers führen, da das Restaurieren des Systems zu großen Schwierigkeiten führen kann. Die Ursache hierfür liegt in der Tatsache, daß NT bei den meisten MBR-Infektionen nicht mehr booten kann. Der Bootvorgang läuft normal ab, bis der Bildschirm seine Farbe ändert und NT beginnen will, die Partitions auf logische Laufwerke zu mappen. An dieser Stelle bleibt der Bootvorgang mit einem "Blue-Screen-Error" hängen. Ein solcher Fehler kann zwei Ursachen haben, einmal "INACCESSIBLE_BOOT_DEVICE" (z.B. durch einen fehlerhaften Plattenkontroller) und zum anderen "This system may be infected with a virus". In beiden Fällen aber steht das System.

HINWEIS: Um das Desaster noch zu komplettieren hilft in diesem Fall auch die SETUP-Diskette nicht weiter, auch wenn mit einer EMERGENCY REPAIR DISC gearbeitet wird. Unverständlicherweise sind die Jungs von Microsoft bei ihren Tools nur auf den BS los gegangen und haben den MBR völlig ignoriert.

Unklar ist bisher, weshalb manche MBR-Viren einen Bootvorgang noch ermöglichen, wärend andere MBR-Viren einen Systemstillstand hervorrufen. Ursachen könnten in den Bereichen des überschriebenen MBR oder in der Art der belegten Interrupts liegen, aber hier muß erst noch weitere Forschung betrieben werden. Bootet aber eine infizierte NT-Maschine, so ist es für den Virus nicht möglich, sich weiter zu verbreiten (logisch, verwendet doch NT intern die Interrupts ganz anders als DOS). In einem solchen Fall, wird ein Anwender wohl gar nicht bemerken, das er eventuell ein Problem hat. Was allerdings während eines Updates auf eine neuere NT-Version passieren könnte, kann sich jeder selbst ausmalen. Versuche haben folgende Bootergebnisse geliefert:

AntiCMOS NT bootet einwandfrei
AntiEXE.A Blue-screen "INACCESSIBLE BOOT DEVICE"
Monkey.A Blue-screen "INACCESSIBLE BOOT DEVICE"
Monkey.B Blue-screen "INACCESSIBLE BOOT DEVICE"
Natas.4744 Blue-screen "This system may be infected"
Parity.Boot.A Blue-screen "INACCESSIBLE BOOT DEVICE"
Peanut Blue-screen "This system may be infected"
Spanish_Telecom Blue-screen "INACCESSIBLE BOOT DEVICE"
Stonehenge.B NT bootet einwandfrei

Was aber nun tun, wenn ein infizierte NT-Maschine nicht mehr bootet ? Glücklicherweise beinhaltet NT einige mehr oder weniger dokumentierte Features, die verwendet werden können, um ein solches System wieder zu restaurieren. So besitzt das NTFS zum Beispiel eine Kopie des MBR, die zur Restaurierung verwendet werden kann.
Wenn unter NT ein NTFS eingerichtet wird, wird der BS genau in die Mitte der Partition kopiert. Man kann nun mit einem DOS-Utility, z.B. Norton Disk EDITOR, diese Kopie wieder über den infizierten BS kopieren, was wahrscheinlich auch von den NT-Utilities beim Recovery gemacht wird. Das ganze funktioniert natürlich nur deshalb, weil die DOS-BS-Viren keine Ahnung von der Existenz dieser Kopie haben, diese also auch nicht infizieren. BS-Viren, die für NT angepasst werden würden, werden wohl in Zukunft auch diese saubere Kopie infizieren. Windows NT legt ebenfalls eine Kopie des MBR an, allerdings nicht an einer bestimmten Stelle (wie bei der Kopie des BS). Interessanter Weise ist die Position der MBR-Kopie noch nicht mal an Sektor-Grenzen gebunden, weshalb anzunehmen ist, das diese Kopie nicht mit einem Sektor-Kopier-Programm erstellt wird. Es besteht die Möglichkeit, das diese Kopie Bestandteil des Sicherheitsbereichs der Registrierung ist. Auf alle Fälle kann mit einem Disktool nach der Kopie des MBR gesucht werden und mit dieser dann ein infizierter MBR ersetzt werden. Und ganz zum Schluß gibt es noch die, ebenfalls nicht dokumentierte, Möglichkeit, ein NT System von Diskette zu booten.

HINWEIS: Um eine solche Bootdiskette zu erstellen, muß zuerst eine Diskette unter NT formatiert werden (die Struktur des Bootsektors ist unterschiedlich zu DOS). Weiterhin müssen folgende, Hidden-Dateien aus dem Rootverzeichnis der Festplatte auf die Diskette kopiert werden:

Mit so einer Diskette kann man ein infiziertes NT-System booten und dann mit einem, unter NT lauffähigen AV-Programm den Virus entfernen.

[hoch] [zurueck] [weiter]






© by Martin Rösler, 1994-1997 - Alle Rechte vorbehalten