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12 RECHTLICHE ASPEKTE ZUM THEMA COMPUTERVIREN

Von: Jan-Soeren Steen (2:240/5542.2)

Frage R1:

"Ist das Erstellen eines Virus strafbar ?"

Wer ein Virus erstellt könnte sich gem. § 303a StGB strafbar machen:

§ 303a Datenveränderung
(1) Wer rechtswidrig Daten (§ 202a Abs. 2) löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar ansetzt. Versuch ist der zwischen Vorbereitung und Vollendung einer vorsätzlichen Straftat liegende Zeitabschnitt. Somit kann bereits das Schreiben bzw. Inverkehrbringen eines Virusprogramms strafbar sein. Wer sich jedoch damit begnuegt, selber Viren zu entwickeln, um seinen heimischen Computer zu infizieren, macht sich in der Regel noch nicht strafbar. Jedenfalls solange nicht, wie keine anderen Rechner geschädigt werden. Wer indes ein Virus programmiert hat und ihn zur Schädigung anderer bestimmt hat, muß mit einer Versuchsstrafe rechnen. In Deutschland gibt es hierzu noch keine gerichtlichen Entscheidungen.

In Betracht kommt ebenfalls eine Strafbarkeit nach §. 303b StGB:

§. 303b Computersabotage
(1) Wer eine Datenverarbeitung, die für einen fremden Betrieb, ein fremdes Unternehmen oder eine Behoerde von wesentlicher Bedeutung ist, dadurch stört, daß er
1. eine Tat nach § 303a Abs. 1 begeht
oder
2. eine Datenverarbeitungsanlage oder einen Datenträger zerstört, beschädigt, unbrauchbar macht, beseitigt oder verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.

Der Täter muß bei einer Tat nach § 303b zusätzlich noch wissen, daß die Datenverarbeitung für das Opfer von wesentlicher Bedeutung ist. Es genügt hierfür, daß er die Umstände kennt, aus denen sich die wesentliche Bedeutung ergibt.

Frage R2:

"Mache ich mich strafbar, wenn ich (bewußt) ein Virus verbreite ?"

Ja !
Der Tatbestand des § 303a ist dann regelmäßig erfüllt. Jedenfalls wäre eine Versuchsstrafe anzunehmen. Es ist nicht erheblich, ob die Schädigung auch gewollt ist, es ist ausreichend, dass die Schädigung für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen wird - frei nach dem Motto "Na wenn schon".
Interessant und noch nicht vollständig geklärt ist die Strafbarkeit aus vollendetem Delikt. Bezüglich der Erstinfektion ist die Rechtslage eindeutig, je nach Sachverhalt hat sich der Täter eines Deliktes nach § 303a bzw. § 303b schuldig gemacht. Problematisch sind jedoch die Fälle, bei denen Infektionen und Schäden aufgrund der selbständigen Verbreitung des Virus eintreten.
Fraglich ist, ob eine Handlung vorliegt, ob sich der Vorsatz auch auf diese Infektionen erstreckt und ob er hinreichend konkretisiert ist. Meiner Ansicht nach ist auch hier eine Strafbarkeit zu bejahen. Hierzu gibt aber noch keine Entscheidungen und auch keine Äusserungen im wissenschaftlichen Schrifttum.

Frage R3:

"Ist es strafbar einen Virus unbewusst zu verbreiten?"

Nein !
Wo kämen wir hin ? Wer nicht weiss, dass er ein Virus verbreitet, handelt jedenfalls ohne Vorsatz und hat sich nicht strafbar gemacht.

Frage R4:

"Ist es strafbar ein Virus weiterzugeben ?"

Wer ein Virusprogramm weitergibt oder "tauscht" kann sich auch strafbar machen. Maßgebend ist, was der Weitergebende bezweckte. Es ist denkbar, den Weitergebenden als Anstifter oder Gehilfen zu einer Datenveränderung (§ 303a) bzw. Computersabotage (§ 303b) zu bestrafen. Wer also ein Virusprogramm an einen anderen weitergibt und ihn hierdurch veranlassen will ein System zu infizieren, der hat sich einer Anstiftung zur Datenveränderung bzw. Computersabotage schuldig gemacht. Die Beweisprobleme sind jedoch offensichtlich, da es hierbei entscheidend auf die Einstellung des Weitergebenden zur Tat des Empfängers ankommt. Wer ein Virusprogramm an jemanden weitergibt, von dem er weiss, daß dieser damit eine nach obigen Vorschriften strafbare Tat begehen will, macht sich regelmäßig einer Beihilfe zu der entsprechenden Tat schuldig.

Frage R5:

"Hat man als Opfer eines Virus einen Schadensersatzanspruch gegen den Programmierer bzw. denjenigen, der die Infektion verursachte ?"

In Verbindung mit den obigen Strafvorschriften bestehen selbstverständlich auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gem. § 823 Abs. 2 BGB. Ferner besteht auch ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch im Rahmen des § 1004 BGB. Anspruchsgegner ist je nach Fallgestaltung derjenige, der die Infektion verursachte. Ist die Software von Hersteller bereits infiziert ausgeliefert worden, so stehen dem Käufer die üblichen Ansprüche der Sachmangelhaftung aus dem Kaufrecht zu. Der BGH nimmt beim Kauf von Software Sachkauf gem. § 433 BGB an - meiner Ansicht nach, ist dieses unsachgemäß.

Frage R6:

"Warum greifen die Regelungen im StGB nicht durch ?"

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nach der bestehenden Zivil- und Strafrechtslage nur ein sehr begrenzter Rechtsschutz gegen Computerviren besteht. Hinzu kommt, dass Computerviren in ihrer Funktion durch externe Ereignisse ausgelöst werden können, so daß wohl der verursachte Schaden (z.B. Löschen aller Programme), nicht jedoch die (ehemalige) Existenz nachgewiesen werden kann. Auch ist im Regelfall die Person, die das Virus erstmalig installiert hat, nicht zu ermitteln. Es scheitert letztlich an mangelnder Beweisbarkeit und dem Umstand, dass die zur Zeit aktiven Juristen mit der Materie "Computer" nicht vertraut sind.

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